Ziergräser

Die wichtigsten Fragen und Irrtümer

Ziergräser sind eine faszinierende Gruppe von Stauden, die jede Pflanzung außerordentlich bereichern können. Trotz ihrer Anspruchslosigkeit und oft ganzjährigen Gartenwirkung gibt es bei Ziergräsern immer noch einige Vorurteile und Wissenslücken, die uns in unserer Staudengärtnerei immer wieder begegnen. Hier eine Zusammenfassung der häufigsten Fragen und Vorurteile rund um Ziergräser:

‚Ziergräser wuchern und sind nicht standfest': Eines der häufigsten Vorurteile gegenüber Ziergräsern betrifft ihre Standfestigkeit und ihren Ausbreitungsdrang. Hier die wichtigsten Antworten:

  • Es gibt heute sehr viele nicht ausläuferbildende, horstig wachsende Ziergräser. In unserer Sortimentsliste führen wir nur noch zwei Gräser mit kräftigen Ausläufern, die wegen ihrer Blattfärbung trotzdem unverzichtbar sind: das Goldbandleistengras Spartina pectinata ‚Aureomarginata' und das Gestreifte Rohrglanzgras Phalaris arundinacea ‚Feeseys Form', das sich allerdings schon deutlich weniger ausbreitet wie die alte Bauerngartenform ‚Picta'. Auch das Blutgras Imperata cylindrica ‚Red Baron' breitet sich unterirdisch aus, allerdings relativ langsam und ohne dabei umstehende Stauden gleicher Höhe zu verdrängen. Alle drei erwähnten Gräser sind wegen ihrer sehr auffällig gefärbten Blätter sehr wichtige Ziergräser und bei richtiger Standortwahl gut im Garten einsetzbar. Alle anderen Gräser in unserer Sortimentsliste wachsen horstig und bilden keine Ausläufer!

Imperata cylindrica 'Red Baron'

  • Wenn das gepflanzte Ziergras plötzlich überall in umliegenden Gartenbereichen auftaucht, ist meistens keine unterirdische Ausläuferbildung die Ursache, sondern Selbstaussaat. Dies gilt vor allem für samenvermehrte Wildgräser wie Perlgras Melica ciliata und Schwingel-(Festuca)-Wildformen, wobei im sonnigen naturnahen Garten diese Eigenschaft manchmal sogar erwünscht ist und sich reizvolle Trockenrasengesellschaften entwickeln können. Hier ist allerdings relativ viel Fachwissen nötig! Ansonsten diese wenigen Gräser besser nicht verwenden. Alle mit Sortennamen benannten Gräser-Auslesen in unserer Sortimentsliste sind überwiegend selbststeril, d.h. sie bilden keine oder kaum fruchtbare Samen. Anders wird die Situation, wenn verschieden Sorten einer Art nebeneinander gepflanzt werden, dann können durchaus größere Mengen keimfähiger Samen entstehen, z. B. bei der Pflanzung von verschiedenen Sorten von Deschampsia cespitosa oder Panicum virgatum im gleichen Beet. Deshalb bitte sich bei jeder Gräserart auf eine Sorte beschränken! Ein Sonderfall sind auch die frühblühenden Sorten von Chinaschilf Miscanthus: Anders als früher wuchern die neueren Sorten nicht mehr, dafür bilden frühblühende Sorten vor allem in warmen Sommern öfters keimfähige Samen. Hier sollte der Gartenfreund im Frühjahr kontrollieren, ob kleine Sämlinge neben der großen Mutterpflanze erscheinen und dies sofort entfernen.

Pennisetum alopecuroides 'Herbstzauber'
und Molinia arundinacea

  • Zur Standfestigkeit von Ziergräsern: Hier sind viele neue Sorten deutlich besser als ihre Vorgänger, dieses Problem ist also in den vergangenen Jahren deutlich kleiner geworden. Ansonsten ist die Standfestigkeit eines Ziergrases auch sehr standortabhängig: Bei zum Teil umfallgefährdeten Sorten von Rutenhirse Panicum und Silberährengras Stipa calamagrostis gilt: Um so trockener, sonniger und humusärmer der Standort ist, um so standfester wird sich das Gras entwickeln. Also im Zweifelsfall diese Gräser wenn überhaupt nur in ausgeprägten Trockenzeiten gießen.

‚Wann schneide ich meine Gräser?': Die meisten Ziergräser sind sommergrün, behalten im Winter aber ihre dann braunen Blätter und Halme. Diese Winterzierde ist eines der wichtigsten Argumente für die Ziergrasverwendung überhaupt! Also unbedingt erst nach dem Winter (Ende Februar bis Ende März je nach Witterung, auf jeden Fall vor dem Neuaustrieb) Rückschnitt etwa bis auf Handbreite über dem Boden. Wintergrüne Gräser entweder gar nicht schneiden oder nach dem Winter nur die durch Frosttrocknis verbräunten Blattspitzen abschneiden. Zwei Sonderfälle sind noch erwähnenswert: Beim Pfeifengras Molinia fallen nach der phantastischen Herbstfärbung oft die Halme schon bei den ersten Winterstürmen um. Dieses Verhalten ist gattungstypisch, es gibt zwar inzwischen etwas standfestere Auslesen wie Molinia caerulea ‚Edith Dudszus' oder Molinia caerulea ‚Transparent', trotzdem ist hier manchmal ein Entfernen der umgestürzten Halme schon im Winter aus optischen Gründen sinnvoll. Bei dem Blaustrahlhafer Helictotrichon sempervirens sollten die nach dem Winter noch blaugrauen Blätter überhaupt nicht geschnitten werden, sondern nur die abgestorbenen Blätter mit Rechen oder Hand einfach aus dem Gräserhorst ‚herausgekämmt' werden.

Panicum virgatum 'Rotstrahlbusch'

'Welche Gräser eignen sich als Sichtschutz?': Einige Ziergräser werden bei ausreichender Wasser- und  Nährstoffversorgung mehr als mannshoch und eignen sich daher auch als Sichtschutz. Dies gilt allerdings nur für sonnige Gartenbereiche, Schattengräser werden nicht so hoch. Vor allem geeignet sind die höheren Sorten von Miscanthus wobei folgendes zu berücksichtigen ist: Möglichst nur eine Sorte verwenden! Außerdem ist durch den Totalrückschnitt am Winterende in den Monaten von März bis Mai keine Sichtschutzfunktion vorhanden. Für ganzjährig grüne und hohe Gräserhecken gibt es nur eine Möglichkeit: Bambus aus der Baumschule.

Miscanthus sinensis 'Yakushima Dwarf'

‚Warum überlebt mein Pampasgras den Winter nicht?': Pampasgras Cortaderia stammt aus Südamerika und stößt bei uns in kalten Wintern an seine Grenzen. Da helfen auch gut gemeinte Tipps wie Zusammenbinden und Abdecken nicht immer. Die winterhärtesten Sorten sind ‚Sunningdale Silver'  und ‚Pumila'. Möglichst geschützten Standort wählen! Übrigens: die hunderttausendfach verkauften, laut Abbildung quietschrosa blühenden Pampasgräser sind Unfug: Entweder Sie erhalten einen blühfaulen, schmutzigrosa blühenden Sämling mit zweifelhafter Winterhärte oder die zartrosa blühende Sorte ‚Rendatleri', die in Südfrankreich winterhart ist, aber nicht bei uns ...

‚Mein Gräserbeet schaut so unordentlich aus!': Die häufigsten Gründe dafür sind:

  • Falsche Sortenwahl (wuchernde oder nicht standfeste Sorten, siehe vorne) oder falscher Standort (zu schattig)
  • Zu viele verschiedene Ziergräser durcheinander gepflanzt. Aus optischen Gründen bitte auf wenige (möglichst nur 2-4!) Sorten beschränken und diese dafür in Gruppen verwenden. Niemals einzelne Gräser durcheinander pflanzen, wirkt von der Optik wie eine ungemähte Wiese ... Möglichst von Höhe und Aussehen deutlich  unterschiedliche Gräser verwenden. Eine schöne Kombination ist z. B. Pennisetum alopecuroides ‚Hameln', Panicum virgatum ‚Heavy Metal' und ‚Miscanthus ‚Ferner Osten'.

Miscanthus sinensis 'Ferner Osten'

‚Was sind die besten Ziergräser?':  Die folgende Auswahl ist natürlich subjektiv, aber folgende Gräser sind schön, zuverlässig und gesund. Meine Favoriten:

  • Niedrige Gräser für die Sonne: Briza media ‚Limouzi', Carex caryophyllea ‚The Beatles', Carex muskingumensis ‚Little Midge', Imperata 'Red Baron', Koeleria glauca, Sesleria albicans, Sesleria heuffeliana

Briza media 'Limouzi'

  • Mittelhohe und hohe Gräser für die Sonne: Calamagrostis acutiflora ‚Karl Foerster' und ‚Waldenbuch', Deschampsia cespitosa in Sorten, Festuca mairei, Helictotrichon sempervirens, Miscanthus sinensis ‚Ferner Osten', ‚Hermann Müssel', ‚Kleine Fontäne' und ‚Morning Light', Molinia arundinacea ‚Sky Racer' und ‚Transparent', Molinia caerulea ‚Edith Dudszus', Panicum virgatum ‚Heavy Metal', Pennisetum alopecuroides ‚Hameln' und ‚Herbstzauber', Sporobolus heterolepis ‚Duftwolke' , Stipa gigantea und Stipa calamagrostis ‚Algäu'

Carex morrowii (foliosissima) 'Icedance'

  • Gräser für Schatten und Halbschatten: Carex caryophyllea ‚The Beatles', Carex morrowii 'Icedance' (flächig) und ‚Variegata' (horstig), Deschampsia cespitosa in Sorten, Luzula sylvatica

 

Copyright: Rainer Goldmann